Heute ist einer dieser Tage wo man sich kaum bewegen mag. Gerade habe ich mit meinen Mitbewohnern Carsten und Norbert gefrühstückt und nun muss ich mir eine Beschäftigung für den Tag suchen. Draußen wie hier drinnen herrschen Saunatemperaturen und jede Bewegung produziert Schweißperlen. Ich sitze auf meiner Matratze und denke zu viel nach.
Vorgestern Abend kam ich in Palu nach schlauchenden 4 Tagen Arbeit an. Diesmal hatten wir noch höhere Berge erklommen und noch schwierigere Hindernisse überwunden. Teilweise haben wir auf Flächen gearbeitet, die 50° geneigt waren. Einmal hat ein lokaler Führer aus einer Liane zwei Schlingen geknotet. An der einen Seite hielt ich mich fest, an der anderen der Guide. So konnte er das eine oder andere Mal verhindern, dass ich unkontrolliert in eine Rattanschonung hinabschlidderte. Das wichtigste dabei ist immer, den Humor nicht zu verlieren. Und wenn Pavel nicht dabei ist (der selbst in Ausnahmesituationen die Fassung behält) gibt es immer viel zu lachen. So wird gelacht, wenn es ein Blutegel bis über meinen Hosenbund geschafft hat und an meiner weißen Haut nuckelt, mir beim Flussbettüberqueren die Gummistiefel mit Wasser volllaufen oder wir feststellen, das in dem Gerät, das wir gerade erst stundenlang durch die Walachei gebuckelt haben, die Batterien leer sind. Wie sagt man doch so schön „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass der Kragen platzt“. Ohne ihn würde man sonst schnell wahnsinnig werden. Allmählich beginne ich auch die Tücken des Regenwaldes mit Nichtachtung zu strafen. Sollen die stachelfletschenden Rattanpalmen doch darauf warten bis sie schwarz werden, dass ich mich an ihnen festhalte. Und wenn die kleinen glibschigen Würmer eben Durscht haben, bitteschön. Wenn ich sie entdecke ist allerdings Schicht im Schacht. Von den Moskitos ganz zu schweigen. Bald gibt es sowieso nichts mehr zu holen, dann bin ich nämlich leer getrunken.
Die Tage in den Dörfern sind schon immer sehr aufregend. Abends sitzt man dann beisammen und spielt Karten oder versucht, sich mit Händen und Füßen zu verständigen. Letztens habe ich sogar bei einer Hochzeitsfeier im Nachbarhaus dem traditionellen Tanz beigewohnt. Das gab ein großes Hallo sag ich euch. Leider sind da wo ich bin, selten andere STORMA-Studenten. Die meisten arbeiten auf Kakaoplantagen, die leicht zu erreichen sind und in der Nähe der größeren Forschungsstationen liegen. Da gibt es zum Beispiel eine Rattenforscherin, eine Studentin, die Spinnen untersucht, ein Kakaoteam und einen Ameisenspezialisten. Die meisten haben dann also verschiedene Flächen, auf denen sie regelmäßig Fallen aufstellen oder Untersuchungen machen. Wir sind die armen Schweine, die ständig wo anders hinmüssen und jeden Tag neue Plots ausfindig machen. Viele beneiden mich aber darum, dass ich den echten Urwald zu Gesicht bekomme und Indonesien in seiner urwüchsigen Form erlebe.
Morgen fahren wir nach Barriri, einem Ort, der ganz weit oben im Gebirge liegt. Man hat mir versprochen, dass es dort einfacher ist, den Dschungel zu erreichen und dass man dort auch auf flachem Untergrund arbeiten kann. Naja, besser ist, ich gehe nicht zu optimistisch an die Sache ran.
Ach ja, seit vorgestern wohne ich auch in einem neuen Zimmer. Da Carsten am Donnerstag ankam, musste ich mein lieb gewonnenes Quartier verlassen und mir ein neues Eckchen suchen. Da Sannie, die dritte Mitbewohnerin am Mittwoch ausgezogen war, ging ich davon aus, dass ich ihre Möbel übernehmen könnte, leider hatte sie aber während ich weg war, alles verschenkt. Nun stand ich da, ohne Bett und ohne alles. Also hab ich mir einen Fahrer geschnappt und bin Einkaufen gefahren. Eine Matratze, ein kleiner Schrank, ein Ventilator und ein Kissen waren meine Ausbeute und damit auch fast mein Geld alle. Das, was ich in Jakarta am Flughafen abgehoben hatte, ist nun weg. Andererseits muss ich mich schließlich auch wohlfühlen können und das kann ich nicht, wenn ich 6 Wochen mit einem Klamottenberg auf dem Fußboden und unerträglichen Temperaturen hause. Ich hoffe, dass mein Geld noch reicht um ein Wochenende in Tanjung Karang zu verbringen, einem Tauchresort in der Nähe von Palu wo wir von STORMA für extreme Vergünstigungen unterkommen können. Carsten hat mir geradezu befohlen, dort ganz bald hinzufahren. Er meint, am Strand zu liegen, Schnorcheln zu gehen und Cocktails zu schlürfen hilft ungemein dabei, Indonesien lieben zu lernen. Ohne die schönen Dinge mitzunehmen, verschiebt sich schnell die Perspektive und man macht sich zu viel Stress. Vielleicht werde ich schon nächste Woche seinem Befehl nachgehen. Ach wär das cool, wenn ihr alle dabei sein könntet und wir eine riesen Party am Strand machen könnten. Naja, müssen wir das wohl auf später verschieben.
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